Geheimnisvolle Wiener Unterwelt!


Bei unseren Expeditionen in den Untergrund von Wien entdecken wir Spuren aus der 2000jahre alten Geschichte dieser Stadt. Mitunter tauchen Relikte aus der Römerzeit und dem Mittelalter im Lichtschein unserer Taschenlampen auf. Wir erforschen weiters Grüfte, Katakomben, Bunker, Stollen, Kanäle und verschwiegene Verliese, die im „Bauch“ von Wien verblieben sind. Besonders sind  die baulichen Hinterlassenschaften aus der Zeit des Bombenkrieges 1944/45 (wie Luftschutztüren, Mauerdurchbrüche, Ordnungsaufschriften, Notausstiege, phosphoreszierende Leuchtstreifen) in so manchen vergessenen Keller noch zu finden.

 

Um das facettenreiche Bild der ständig veränderten Stadt zu komplettieren, untersuchen wir auch aufgelassene Kasernen, Bürogebäude und Fabriken, die allesamt zu so genannten „Lost Places“ transformieren. Historische Gebäude aus der Monarchie und aus der Gründerzeit fallen oft ebenso dem Verdrängungs-mechanismus der neuen Zeit zum Opfer. Wir halten oft in letzter Minute - zumindest mit unseren Kameras - das Auslöschen, das Verschwinden, aber auch das Vergessen vergangener Bauzeugnisse fest.

 

Hier finden Sie faszinierende Bilder aus der Wiener Unterwelt: Von längst vergessenen Brunnen, möglichweise aus der Römerzeit, über Rudimente des mittelalterlichen Wiens bis zu den zahlreichen Relikten des Zweiten Weltkriegs. Sie alle befinden sich oft versteckt im Untergrund und warten darauf entdeckt zu werden.

 

Besuchen Sie mit uns:

Vergessene Bierbrauerei Hallen

* Die mysteriöse Virgilkapelle

* römische Ruinen

* mittelalterliche Mauerreste

* diverse Kelleranlagen

* Versorgungsschächte

* Tunnel

* vergessene Luftschutzräume

      + Luftschutznetz "Innere Stadt"

* ehemalige Bunker

* Flaktürme

 

* u. a. faszinierende Hinterlassenschaften


Bildergalerie


Das vergessens Lazarett - Eine Zeitkapsel mitten in Wien!!

 

Uns vom „Forscherteam Wiener Unterwelten“ ist es wichtig, der Leserschaft zusätzliche Informationen zu interessanten Orten mitzugeben, insofern wenn Gebäude, Orte oder Plätze ohnehin in der Literatur schon beschrieben sind. Wir wollen keine sensationshaschenden Beiträge ins Netz stellen, sondern kompetentes und historisch fundiertes Wissen dem interessierten Leser bieten.

Das in Wien im Untergrund noch existierende Reserve-Lazarett aus dem Zweiten Weltkrieg befindet sich unter der Schule Maria Regina in der Hofzeile 18-20 in Döbling. Es wurde in der Fachliteratur (Band 1, der Reihe über NS- und Kriegsspuren in Wien „Begegnungen“ Edition Mokka (Wien 2015), von Marcello La Speranza und in Ausgaben des Döblinger Extrablattes, von Wolfgang Schulz und in dessen Film, Siehe Ausgabe 19, 2018) beschrieben.

Für die interessierten Leser möchten wir hier die wichtigsten Daten dieses unterirdischen Refugiums Revue passieren lassen, da der Ort doch zeithistorische interessant ist. Die dort langsam zerfallenden Stockbetten der einstigen Rettungsstelle, die an den Wänden verbliebenen Email-Leuchttafeln, die verrosteten Lüftungsklappen und die noch kompakte Luftschutztür (Firma Mauser, Köln) sind Zeugnisse einer düsteren Zeit. Die unterirdische Anlage die in Verbindung mit dem daneben liegenden barocken Maria Theresien Schlössl, errichtet 1745, liegt entstand im Zuge der Adaptierung des Gebäudes während des Zweiten Weltkrieges. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in dem Schloss eine Heilanstalt für Nervenkranke eingerichtet. Die Rothschild´sche Stiftung wurde bald zu einem Militärspital umfunktioniert; 1938 der Stadt Wien überantwortet, die es zu einem Spezial-Lazarett erweiterte. Während der NS-Zeit wurde das Anwesen als „Wiener städtische Nervenanstalt Döbling“ mit 132 Betten, darüber hinaus als ein Reserve-Lazarett geführt. Während des drohenden Bombenkrieges wurden schließlich die unterirdischen Räumlichkeiten rund um das Gebäude zu einem luftschutzsicheren Bereich ausgebaut. Dementsprechend wurden der Kellerbereich mit allen nötigen Utensilien und Mobiliar bereichert. Die oben beschriebenen Teile sind noch dort unten „in situ“ zu entdecken. Eine Anmeldung zu einer etwaigen Besichtigung ist notwendig.

Im hinteren anschließenden Teil des Lazarett-Bereiches befinden sich große Hallen, die in die Ursprungzeit des Maria Theresien Schlössels zurückreichen, als die großen Gewölbe als Lagerräume für Weinfässer in Verwendung standen. Zu sehen sind noch die gemauerten Boxen und auch die Fahrrille für den Transport der großen Fässer. Die kursierenden Geschichten, dass von diesem Anwesen die unterirdischen Hallen, durchgehend von Döbling bis in die Stadt führten und möglicherweise für Kutschenfahrten in Verwendung standen, gehören in das Reich der Legenden.



Vergessene Bierbrauerei Hallen

 

In Wien schlummern einige Geheimnisse im Untergrund der Stadt! Inmitten von St. Marx erstrecken sich gigantische Hallen, welche seit Jahrzehnten vergessen und unbenutzt sind.



Der "erstaunliche" Mercedes Keller.

 

Wir haben euch schon einige Orte im Untergrund gezeigt: Von Luftschutzbauten aus dem Zweiten Weltkrieg bis zu gigantischen, unterirdischen Hallen, die schon im 18. Jahrhundert als Lagerräume von Bier und Wein genutzt wurden. Heute nehmen wir euch zu einem weiteren „Lostplace“ mit, wobei dieser eine besondere Rolle im Untergrund einnimmt:

Wir sind zu Gast bei der Familie Ries in Schwechat, welche seit den 1980er Jahren ein Mercedes-Gebraucht-Ersatzteillager besitzt, und seither ständig wächst. Die Firma, welche bereits in der vierten Generation geführt wird, verfügt über 200 Fahrzeuge zum „Ausschlachten“. Auf der unteren Etage des Geländes werden ausschließlich Mercedes Oldtimer „geparkt“. Dadurch, dass heute in der Regeln für Oldtimer keine Teile mehr produziert werden, ist die Firma Ries die erste Anlaufstelle für Nostalgiker und Mercedes Liebhaber!

Gegründet wurde die Firma im Jahre 1938, jedoch nicht als Auto-Werkstatt, sondern als Champignion-Zucht, die in den alten bis zu 10 Meter tiefen Hallen der einstigen Schwechater Bierbrauerei gepflegt wurde. 1999 stellte das Unternehmen komplett auf Gebraucht-Ersatzteillager um, und verfrachtete zunächst 70 Oldtimer in den Untergrund, damit diese vor Wind und Wetter geschützt sind. Im Lauf der Zeit sammelten sich dort unten mehrere Fahrzeuge, die auf eine „Ausschlachtung“ warten.

Schon auf den Weg zu der Abstellhalle begegnen wir einige etwas ausgelaugte „Oldies“, welche die volle Portion „Retro Charme“ vermitteln. Durch einen schmalen Gang gelangen wir in die große Halle, und stehen inmitten der alte „vergessenen“ Mercedes. Die ältesten Modelle stammen aus den 1930er Jahren. Einige stehen etwas ramponiert in Reih und Glied. Wir fühlen uns hier unten wie in einem Museum und bestaunen eine Karosserie nach der anderen. Es sind schöne Fahrzeuge, die in bunten Farben leuchten. Bei allen ist die Motorhaube offen, damit man gleich sieht, welche möglichen Ersatzteile noch vorhanden sind.

Die Temperatur hier unten beträgt konstante 10 Grad; so ist dies an diesem heißen Sommertag eine zusätzliche willkommene Erfrischung.

Wir bedanken uns ganz herzlichst bei der Firma Ries für die Besichtigung dieser einzigartigen Anlage!



Die verborgenen Luftschutzbunker in den Getreidespeicher des Alberner Hafen!

Wer sich mit der Architektur Wiens beschäftigt und nach imposanten Industrieanlagen sucht wird früher oder später die weit sichtbaren historischen Getreidespeicher im Alberner Hafen erblicken, die in ihrer Form an urzeitliche Riesen erinnern. Die imposanten Monumente der Vergangenheit waren die Startpfeiler eines ergeizigen Projekts aus den 1940er Jahren, als mit dem Ausbau des Hafens und der Errichtung der fünf gigantischen Silos nicht nur ein Tor in den geplanten „Wirtschaftsraum Osten“ geschaffen, sondern auch das Autarkiebestreben des „Dritten Reiches“ gesichert werden sollte.

Ein Projekt der „Blut- und Boden Ideologie“

Die gewaltigen Getreidespeicher sind markante Bauwerke wo mehrere Faktoren der nationalsozialistischen Ideologie vereint sind. In der Gestaltung wurden bauliche Elemente des „Heimatstils“ eingepflegt, erkennbar an den hohen sattelförmigen Dächern (sie entsprechen den Vorgaben der reichsweiten Suko-Bauten - nach den Patentinhabern Schulz & Kling, München). In diesen Modellen waren auch die Ideen des „Reichsnährstandes“, der Aufrechterhaltung der Versorgung des „deutschen Volkes“ und damit die Hortung mit lebenswichtigen Getreidevorräten eingepflegt. Diese Bauten entsprechen den Kriterien eines totalitären und chauvinistischen Staates. Auch optisch ist in ihren monumentalen Ausführungen der Stempel des „tausendjährigen Reiches“ zu erkennen. Allein die Größe der Silos ist beeindruckend. Mit einem Fassungsvermögen für 90.000 Kilo Getreide sind sie gewichtige Bauten. Die Nationalsozialisten hatten mit der Metropole und dem Wirtschaftsstandort „Gau Wien“ an der Donau viel vor.

Widerstandsgruppen verhindern die Sprengung 1945

Als sich die Niederlage des „Dritten Reiches“ abzeichnete und die „Rote Armee“ im April 1945 vor den Toren Wiens stand, wollten die zurückziehenden SS-Einheiten, nach dem Prinzip der verbrannten Erde, die Getreidespeicher sprengen und gleichzeitig auch die dortigen noch verbliebenen Lebensmittel vernichten, damit sie „dem Feind“ nicht in die Hände fielen. Beherzte Widerstandgruppen konnten in letzter Minute den zerstörerischen Plan der SS verhindern, sodaß es unmittelbar nach dem Kriegsende zu keiner fatalen Ernährungskrise der Wiener Bevölkerung gekommen ist. Zigtausende Tonnen Mais, Roggen und Erbsen konnten gerettet werden, und auch die Getreidespeicher blieben uns erhalten.

Relikte der Vergangenheit

 

Text: Marcello La Speranza

Fotos: @Lukas Arnold Photography





Expedition im LS-Keller in der Währinger Straße!

 

Unter einem großen späthistorischen Wohn- und Zinshaus in der Währinger Straße befinden sich große Kellerräume, wo die Zeit stehengeblieben ist. Der Abstieg und die folgenden Untersuchungen fanden im Jahre 2011 statt. Mit einem engagierten Forscherteam und weiteren Helfern wurde der Untergrund des gründerzeitlichen Gebäudes erforscht und dokumentiert.

Begegnungen

Hier eine Zusammenfassung der Expedition: Eine Treppe führt in die Tiefe, wobei ein phosphoreszierender Leuchtstreifen den Weg in die Dunkelheit zeigt. Es ist feucht, der Boden stellenweise matschig. Die Lichtkegel unserer starken Taschenlampen verlieren sich in einer großen Halle. Dieser Raum war einmal der zentrale Luftschutz-Sammelraum. An einer Wand hängt noch ein angerostetes Email-Leuchtschild mit der Aufschrift „Rauchen verboten“. Es liegt jede Menge verrotteter Stromleitungen und Porzellansicherungen im feuchten Lehmboden. Die Untersuchung der vielen Kellerräume zieht sich einige Wochen hin. Während eines starken Unwetters über der Stadt, sickert das Wasser bis in den Keller herunter. Von der Ziegeldecke plätschert ein kleiner Wasserfall ins Grabungsareal, sodass die Arbeit in diesem Bereich für einen Tag eingestellt werden müssen. In dem unterirdischen Labyrinth sind Nischen zu erkennen, wo sich einst die Aborte befanden. Über einem Türstock ist noch das Email-Leuchtschild „Frauen Abort“ verblieben. In einer Koje steht ein alter Trockenabort. Im ganzen Keller liegen verrostete Blecheimer und ein verbeulter, gusseiserner Ofen. Im hintersten Raum befindet sich ein großer kegelförmiger Schutthügel. Von einem darüber befindlichen Schacht wurden im Lauf der Jahrzehnte Hausunrat und Müll in die Tiefe geworfen. Hier vermuten wir besonders viele Funde. geborgen und in den Nischen gesammelt aufgestellt.

Grabungserfolge

Mit der Genehmigung des Hausinhabers können wir diesen vielversprechenden Schutthügel untersuchen. Es finden sich nicht nur verrostete Eisenteile, Blechtöpfe, Fragmente von diversen Porzellangegenständen und Knochen von Nutzsäugetieren, sondern auch einige Militaria. Der Rest eines französischen Revolvers Marke Lefeux und leere Gewehrpatronen eines Gewehres der Marke Mannlicher, Modell 95, werden von einem Experten des Entminungsdienstes bestimmt. Der gefundene Gasmaskenfilter einer Volksgasmaske zerbröselt. Im oberen Bereich des Schuttkegels findet sich eine Reihe von Winterhilfswerk-Abzeichen aus der NS-Zeit. Ein besonders verrosteter Helm der deutschen Wehrmacht hat große Rostbeulen. Im feuchten Schlick stecken mehrere verrottete Schuhe.

Die Geschichte des Hauses

Zur Geschichte des Hauses konnten wir recherchieren, dass sich lange Zeit das Schubert-Kino an dieser Adresse befand. Das erklärt auch, dass ein paar zerbrochene Glasdiapositive von alten Werbungen hier auftauchten. Anscheinend fungierte der lange gemauerte Schacht, der von der Oberfläche in die Tiefe führte, jahrzehntelang als Abfallschacht für diverse Exponate. Der Schacht ist damit das Zeitfenster dieses Hauses. Irgendwann wurde er oben zugemauert und man vergaß, was sich hier unten angesammelt hatte.

Unter den vielen Flakons taucht auch ein Duftfläschchen der bekannten Marke 4711 auf. In manchen Fläschchen sind noch diverse Flüssigkeiten enthalten. Eine typische, allein an der Form erkennbare Maggi-Flasche und eine Odol-Flasche sind Produkte, die uns heute noch vertraute Begriffe sind.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass sich im Schuttkegel Gegenstände aus verschiedenen Epochen befanden; ein Säbel dürfte sogar aus der napoleonischen Zeit stammen. Die Funde wurden von uns gesammelt in einer Nische im Keller hinterlegt.

Hinweis: Wer mehr über diese (und andere) Expedition erfahren möchte, kann in dem 1. Band (Marcello La Speranza: Begegnungen. NS- und Kriegsspuren in Wien – Edition Mokka 2015) einer mehrbändigen Buchserie, vieles nachlesen.

Zu diesem Keller gibt es auch auf Youtube einen Expeditionsfilm:

Spurensuche in den Tiefen Wiens - Schutthügel Währingerstraße 2011

https://www.youtube.com/watch?v=Jj3lyzLDGew

Text und Fotos : Marcello La Speranza

www.forscherteam-wiener-unterwelten.at



Im 650 Jahre alten Keller der „Storch-Apotheke“

 

An der Stelle des heutigen Haustores befanden sich zur Römerzeit die „Via decumana“, jene Nord-Südstraße, die durch das Legionslager „Vindobona“ führte und gleich daneben die Kasernenblöcke. Die dreigeschossigen Kellerräume erstrecken sich bis zu einer Tiefe von 10 Metern mit großzügigen Tonnen- und Spitzbogen-Gewölben. Manche eingebaute Steine zeugen auch von ihrer Wiederverwendung in späteren Zeiten. Die Räume sind von Nischen, Stiegen, Schächten, Rundöffnungen, an einer Stelle, sogar von einem frühbarocken Brunnen durchzogen. Freigelegt wurden auch Verbindungsgänge in die Nachbarhäuser aus dem Zweiten Weltkrieg.

Die meisten Einbauten, Öffnungen und Durchgänge haben ihre Funktion schon lange verloren. So erinnert ein verschlossener, drei Meter hoher Rundbogen als einstiger Durchgang an die Verwendung des Kellers als Umschlagspunkt für Handelswaren. Zur Schonung von Kraft und Zeit wurden die Güter nicht über der Erde, sondern gleich von Keller zu Keller im unterirdischen Kellersystem des historischen Wiens, teilweise sogar mit einspännigen Fuhrwerken, verfrachtet.

Die Geschichte des Hauses ist sehr bewegt. Zur Zeit der Bombardierung durch französische Truppen Napoleons im Jahre 1809 erhielt das Haus einen Volltreffer. Die Franzosen schossen mit 22 Kanonen von der Anhöhe hinter den Hofstallungen am Spittelberg (Wien 7) in das Häusermeer der Innenstadt. Schon damals flüchteten sich die Bewohner der bedrängten Stadt in die festen Grundmauern ihrer Häuser. Am 10. September 1944 schlugen zwei US-Bomben in das Dachgeschoss ein. Der Schutt des Zerstörungswerkes der Sprengbombe wurde mangels Transportmöglichkeiten kurzerhand über Stiegen in die Keller geworfen.

Wer noch Genaueres über die interessanten Kelleretagen dieser Apotheke erfahren möchte, kann weitere historische Details in dem Buch „Wiener Untergrund, 50 Highlights aus der Geschichte“ erfahren. Autor: Marcello La Speranza, Sutton Verlag (Wien 2022) finden.

Text : Marcello La Speranza

Fotos :© Lukas Arnold Photography

 



Das Geheimnis unter dem Supermarkt!

 

In Wien verbirgt sich im wahrsten Sinne des Wortes "direkt unter den eigenen Füßen" eine faszinierende und oftmals vergessene Welt.

Vorallem unter dem ersten Wiener Gemeindebezirk befindet sich ein weitläufiges Kellerlabyrinth, welches in einer Tiefe bis zu 20 Metern reicht. Wir haben von den dortigen phantastischen Welten schon öfters berichtet.

Spannend sind freilich auch die verborgenen Keller etwa im 19. Bezirk, die ebenso viele Geheimisse haben. Hätten Sie gedacht, dass unter einem modernen Supermarkt, ebenso eine "vergessene Welt" existiert?

Oberirdisch warten frische erlesene Lebensmittel auf die Kunden, aber mehrere Etagen darunter schlummert im Verborgenen, im Dunkeln eine Welt mit historischen Relikten aus längst vergessenen Tagen.

Wir fahren mit dem Aufzug zwei Stockwerke hinab, und stehen plötzlich in großen, dunklen Kellerhallen. Im Schein unserer Taschenlampen sind große Tanks auszumachen; in einem älteren Teil kommen alte hölzerne Weinfässer zum Vorschein. Interessant sind die großen Fässer, welche mit aufwendigen Schnitzereien verziert sind, die aus der Zeit der Monarchie stammen. Auf den Fässern befindet sich eine dicke Staubschicht, welche sich auf dem Holz niedergelassen hat. Der bezaubernde Moder der Vergänglichkeit nimmt uns ein.

Bis vor etwa 10 Jahren befand sich auf dem Grundstück die heimische und bekannte Sektkellerei Kattus, welche schon im 19. Jahrhundert edle Tropfen, heute feinsten Frizzante, Prosecco und viele weitere Gaumenfreuden fabrizierte. Seit 2014 produziert das Unternehmen seine Köstlichkeiten an einem anderen Standort. Der moderne Supermarkt wurde über die alten unterirdischen Hallen gesetzt. Die Lagerstätten in den unterirdischen Gewölben schlummern seither im Dornröschenschlaf und die ausrangierten Fässer quasi werden sich selbst überlassen.

Ein wunderbares Fass befindet sich am Ende eines langen Ganges. Wir entdecken jenes, welches anlässlich zum „Thron Jubiläum 1898 von Kaiser Franz Joseph“ gefertigt wurde!

1857 startete Johann Kattus mit dem Vertrieb von Wein, Kaffee, Tee, Südfrüchten, Champagner und Spirituosen und gründete das Unternehmen.

Der Geschäftsmann eröffnete im ersten Wiener Gemeindebezirk eine Spezereiwarenhandlung und wurde schon bald darauf mit seinem neuen Luxusgut Kaviar (schwarzes Gold) bekannt, welches das Sortiment ergänzte. Im Jahr 1898 wurde Kattus zum „k.u.k. Hoflieferanten“ ernannt. Die Erfolgsgeschichte nimmt seinen Lauf.

Wir danken dem Döblinger Heimatforscher Wolfgang Schulz und seinem Team vom Döblinger Heimat-Kreis, dass er uns im Rahmen seines Filmprojektes "Döbling Unterirdisch" auf diesen einzigartigen Ort aufmerksam gemacht hat. Normalerweise ist dieser vergessene Weinkeller nicht zugänglich.

Wenn Sie mehr über diesen faszinierenden Ort erfahren und vielleicht auch die DVD „Döbling unterirdisch“ erwerben möchten, dann kontaktieren Sie den Döblinger Heimatkreis. 

 

Text: Marcello La Speranza und Lukas Arnold Photography

Fotos: Lukas Arnold Photography

 



Geheimnisse in der Virgilkapelle

Während der Bauarbeiten der U-Bahn Station Stephansplatz im Jahre 1978 stießen die Tunnelbauer auf einen verschütteten sakralen Ort, der lange Zeit als verschollen galt. Der unterirdische Raum wurde von den Archäologen als Kirchenraum aus dem 12. Jahrhundert datiert.

Wir haben die Geheimnisse der mysteriösen Kapelle erforscht und teilweise gelöst!

 



Geheimnisvolle Wiener Unterwelt- Eine Tour gemeinsam mit der Tageszeitung "Heute"

 

Wir waren Mitte Mai 2021 mit einem Team der Tageszeitung "Heute" zunächst im Keller des sagenumwobenen "Basiliskenhauses" in der Schönlaterngasse, auf den Spuren des Untieres, welches im 13. Jahrhundert in den Untiefen sein Unwesen trieb. Seit der Antike sind diese Fabelwesen in ganz Europa bekannt. Hier im Zentrum der Stadt Wien kontaminierte das warzenübersäte Ungeheuer einen Brunnen, und der Gestank machte den Bewohnern zu schaffen bis ein Bäckerjunge mithilfe eines vorgehaltenen Spiegels dem giftigen Wesen den Garaus machte. Der Wiener Basilisk ist offensichtlich die Personifizierung der tödlichen Typhusbakterien und ein Konglomerat eines Schwefelklumpens der einem unförmigen Tier, einer Mischung aus Kröte und Schlange, glich. Wir haben zwar den verschütteten Brunnen samt dem Basilisken nicht gefunden; konnten aber den wissenschaftlichen Kern dieser spannenden Geschichte auf den Grund gehen. Faszinierend war der Fund einer alten Petroleumlampe und ein kleiner Handspiegel.

 

In einem benachbarten Keller führten wir anschließend das Team der Tageszeitung in mehrere Etagen eines tiefergelegenen Kellers, wo weitere Rudimente der Vergangenheit auftauchten: u. a. vergilbte Parfümfläschchen, ein vertrocknetes Tintenfäßchen, ein zerfledderter Ärztekoffer, eine Wäschepresse und weitere Utensilien, die aus der Zeit unsere Eltern und Großeltern stammen dürften.

 

In dem Artikel der Tageszeitung und deren Video ist die Reise in den verstaubten Kellern nachzuverfolgen. Wieder haben sich unsere Erkundigungen im Untergrund ausgezahlt.  Jeder Expedition führt zu neuen Erfahrungen und Ergebnissen.



Der konservierte Rest der 1421 zerstörten Synagoge am Judenplatz

 

Von der im Jahre 1421 gewaltsam zerstörten Synagoge sind nur mehr Teile im Keller des Hauses Judenplatz 8 zu sehen. Bei den Ausgrabungen im Jahre 1995 wurde u. a. eine „zähe dicke, graue Aschenschicht“ freigelegt, die auf die brutale Zerstörung des jüdischen Lebens im Mittelalter hinweist. Der heutige Museumsraum, der auf den Trümmern der Gesera errichtet worden war, wirkt steril und aufgeräumt.

In der langen Geschichte Wiens kam es immer wieder zu Versuchen die  Auslöschung der jüdischen Kultur mit aller Härte und Grausamkeiten durchzusetzen. Die katholische Inquisition hatte an dem Verbrechen wesentlichen Anteil.

Die komplette Zerstörung der Synagoge war einer der grausamen Höhepunkte in der mittelalterlichen Verfolgungswelle. 80 Mitglieder der jüdischen Gemeinde hatten sich in der Synagoge, die im Ghetto Wiens lag, eingeschlossen, wo sie von einer aufgebrachten Meute belagert wurden. Den Juden wurde wiedereinmal Ketzerei, Hexerei, Kindesmord, Hostienschändung und Waffenlieferungen an den Feinden des Herzog Albrecht V., vorgeworfen. Die Gedemütigten wurden in die Enge getrieben; ihnen blieb kein Ausweg. Sie verübten kollektiven Selbstmord indem sie sich in dem Gebäude, in ihrer Or-Sarua-Synagoge, das Leben nahmen. Heute befindet sich an der Stelle ein Museumsraum in den Kellerräumen des Misarichi-Hauses.

Ein langer Gang führt zu dem Ausstellungsraum, wo spärlich verbliebene konservierte Mauerzüge, Pfeilerfundamente und glasierte Bodenplatten an die Tragödie, welche sich hier vor 600 Jahren ereignete. Die Stelle der sechseckigen Bima, das Podest wo seinerzeit aus der Rabbi Jonah aus der Torarolle vorgelesen hatte, ist auch zu erkennen. An jenem schändlichen Tag soll der Rabbi noch die hölzernen Betpulte aufgeschlichtet und entzündet haben, bevor er mit seiner Gemeinde und Getreuen in den Tod folgte.

Viel kam während der Ausgrabungen vom zerstörten Ort nicht mehr zum Vorschein. Im Zuge der Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen wurde die Synagoge rekonstruiert. Auf einer Grundfläche von rund 480 Quadratmeter befanden sich rund um das Heiligtum die Männerschul - der Betraum für die Männer und Unterrichtsraum für Knaben - und die Frauenschul für die weiblichen Gemeindemitglieder.

Die Pogrome des Herzog Albrecht V. gegen die Judenschaft kannte kein Pardon. Ein blutiger Höhepunkt folgte dem anderen. Auf seinem Befehl wurden die letzten etwa zweihundert Überlebenden der Judengemeinde am 12. März 1421 auf der sogenannten Gänseweide in  Erdberg (Wien 3.) vor zahlreichen Schaulustigen lebendig am Scheiterhaufen verbrannt. Die Juden weigerten sich einer Zwangstaufe zu unterziehen. Auch wenn viele zum Christentum übergetreten waren so bezichtigte man sie, dass sie weiterhin heimlich ihre Riten und Zeremonien abhielten.

Der Judenplatz  war  das Zentrum  des Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden jüdischen Viertels. Der belebte gesellschaftlich und wirtschaftlich florierte  Ort der Judengemeinschaft schottete sich ab. Die schmucke stets erweiterte Synagoge blieb aber auch ein Zeichen der Standhaftigkeit gegenüber der Ausgrenzung. Der Bau wuchs zu einem gotischen Gebäude mit Spitzbogenfenstern und auch die Innenräume waren prunkvoll gestaltet, was auch die Rekonstruktion belegt. Über den heue verbliebenen Ruinen baut sich dank moderner Computer-Animationen für den Besuchern auf einer positionierten  aufgestellten Bildschirmkonsole das ganze Gebäude detailreich wieder auf. Es ist faszinierend was die heutige Technik imstande ist; Verlorengegangenes bzw. Vernichtetes  zumindest virtuell wieder entstehen zu lassen. Über die spärlichen Bodenreste wächst die einstige Synagoge in den Raum.

Auf dem Platz vor dem umgewandelten Museumsbau befindet sich der im Jahre 2000 errichtete Stahlbetonkubus, ein  Mahnmal (entworfen von der englischen Künstlerin Rachel Whiteread) dessen Fassade als nach außen gewendete Bibliothekswände gestaltet ist. Dieser Bau soll an die Ermordung der 65.000 österreichischen Juden während der NS-Herrschaft erinnern. Da der kahle 10 x 7 x 3,8 Meter große Block inmitten des weiten Platzes von einigen Anrainern als störend empfunden wird, da er optisch nicht zu den umgebenden  Barockbauten passt, bleibt die Form und die Positionierung des Mahnmales umstritten. Vor ein paar Jahrzehnten war aber der Judenplatz noch ein überfüllter Autoparkplatz und es stellt sich die Frage, war das schöner?

Wie dem auch sei? Die Gestaltung des oberirdischen Platzes braucht uns nicht weiter zu beschäftigen. Wir besuchen ohnehin lieber unterirdische Räume. Wir gehen durch einen langen unterirdischen Gang  in den 4, 5 Meter tiefe großen Ausstellungsraum und betrachten die Reste des mittelalterlichen Wiens. Obwohl hier Vieles vom originalen Bestand, rekonstruiert, konserviert und von neuen Materialien umgeben wird, ist auch hier die „Aura“ der Vergangenheit, die wir so gerne aufsuchen, verblieben. Hier ist ein Ort wo Originalsubstanz und moderne Ausstellungsfläche zu einer Einheit verschmelzen; doch sind die Befunde der archäologischen Ausgrabung mit den neuen Einbauten säuberlich getrennt. Die eingebundenen modernen computerunterstützten Animationen mögen das Erlebnisgefühl  einer Reise in die Vergangenheit bereichern, aber was echt ist hat mehr Strahlenkraft.

Text: Marcello La Speranza



 

Jugendstiltoilette am Graben:

 

Sie wird fast in jedem Reiseführer erwähnt und ist wohl die bekannteste „Toilette“ in Wien, wenn nicht in ganz Österreich: Die Rede ist von der historischen Jugendstiltoilette am Graben.

Unscheinbar führen zwei Abgänge, ein Abgang führt zur Männer-Toilette, der andere zur Damen Toilette, direkt in den Untergrund von Wien.

Unten angekommen, scheint es, als wenn wir in der Vergangenheit gelandet wären. Wir befinden uns in der ersten und ältesten öffentlichen Bedürfnisanstalt der Stadt Wien, welche 1904 erbaut und am 14. März 1905 in Betrieb genommen wurde.

Die Anlage verfügt über 12 Urinale, sowie jeweils 6 Kabinen für Männer und Frauen. Zwischen den beiden Räumlichkeiten liegt ein kleines Kämmerchen für die Wartefrau.

Die verwendeten Toilette-Materialien waren gut sortiert und das Interieur für die damalige Zeit modern ausgestattet. So wurde für die Klobrillen Teakholz verwendet, sowie Eichenholz für die Schiebetüren und Trennwände.

Ein Besuch dieses stillen Örtchen ist auf alle Fälle einen Besuch wert, zumal diese ganz besondere Toiletten-Anlage ebenso wahrlich ein museales Erlebnis bietet.

Text und Fotos: Lukas Arnold



Der kleine Luftschutzstollen in Wien

Im Zuge des sich ausbreitenden Krieges wurde ab 1940 in Wien eine Reihe von Luftschutzanlagen errichtet. Hierbei wurden nicht nur Bunker gebaut, Hauskeller adaptiert, Stollen in den Untergrund getrieben sondern auch - wo es die Geologie erlaubt - bestehende Höhlen ausgebaut bzw. neue bombensichere Unterschlüpfe erschaffen. Vor allem an der Peripherie Wiens, in den Randgemeinden von “Groß Wien“ wurden Stollen- und Felsenkeller luftschutzmässig in den Fels getrieben. Zu erwähnen wäre beispielsweise der Felsenstollen Mitzi-Langer-Wand in Rodaun, jener in Kaltenleutgeben oder der ausbetonierte Stollen in Mödling.

 

Ein kleiner, aber doch interessanter Felsenstollen offenbarte sich uns im Süden Wiens. Im Innern der Anlage befindet sich eine ziegelgemauerte Wand, die möglicherweise als Splitterschutz- oder Druckwellenbarriere diente? Die in der Felswand verbliebenen Eisens-Halterungen für die Holzbretter der Sitzbänke und die spärlichen Reste der Elektrifizierung an der Decke sind die wenigen Spuren der Nutzung, dass diese Höhle als Luftschutzräume für die hiesige Bevölkerung in Verwendung stand. Ein Teilstück eines Ofenrohres in der devastierten Anlage soll auch erwähnt werden.

(Fotos: Lukas Arnold, Text: Marcello La Speranza)



Unter dem Hotel (2020)

 

In den Untergrund des bekannten „Hotel Wandl“ - die Geschichte des Hauses begann im Jahre 1843 -  konnten wir erfreulicherweise hinabsteigen. Das Hotel befindet sich im Zentrum der Stadt, beim Petersplatz. Wir wollen uns zunächst ganz herzlich bei Herrn Nobert Suchanek, dem Direktor, bedanken, der uns erlaubte, die nahezu unberührten Räume zu besuchen. Bei unserer Tour wurden wir durch den Haustechniker Herr Hassan begleitet, der uns unten angekommen interessante Geschichten erzählte.

 

Wir passieren die erste Etage des Kellers. Normale Depoträume nicht besonders aufregend. Durch eine unscheinbare Tür geht es weiter in das zweite Kellergeschoß, wo wir sogleich den Mief der Vergangenheit einatmen konnten. Wir schnuppern die unverkennbare leichte, feuchte Luft, die uns in alten Kellergewölben so vertraut ist. Die Wendeltreppe führt hinab in die historische Unterwelt und schon stehen wir in einem Labyrinth von Gängen und vielen kleinen Kellerabteilen. In viele Kammern sind die alten Ziegelwände noch im ursprünglichen Zustand; auf Ihnen haftet der Staub und der Moder. Der Techniker erzählt, dass schon öfter hier unten Filme gedreht wurden. Gelegentlich führt er auch interessierte Gruppen, die sich zu einer Tour durch die unterirdischen Räume anmelden. Doch einmal musste er einen der alten Gänge abmauern, da unerwartet ungebetene Besucher sich einen Einstieg durch einen ehemaligen Verbindungsgang verschafft hatten. Der Keller ist sehr groß. Ursprünglich kreuzten sich hier mehrere Gänge des sogenannten „Luftschutz-Raum-Netz-Innere Stadt“, welches während des Zweiten Weltkrieges speziell in der Innenstadt angelegt worden war. (Siehe hierzu unseren speziellen Eintrag)

 

Wir inspizieren auch die längeren Gänge die einst zu den unmittelbaren Nachbarhäusern führten. Das Ende der doch rund 15 Meter langen Gänge ist freilich heute durch Ziegelsteine vermauert. Wir wissen, dass diese mustergültigen Verbindungsgänge einst hauptsächlich von Zwangsarbeitern um 1944 errichtet worden waren, da wir diverse Namensaufschriften und Kritzeleien schon in anderen Kellern an so manchen Ziegeln gefunden haben. Hier finden wir auf einem gemauerten Ziegelstein den kaum lesbaren Vermerk „Paris - Wien in W 45“ (wenn wir die Buchstaben richtig deuten?)

 

Wir kommen in einem Raum in dem Herr Hassan uns die Geschichte einer Zeitzeugin erzählte, die vor ein paar Jahren anreiste und unbedingt diesen Keller aufsuchen wollte, wo sie als kleines Mädchen Zuflucht vor den Bomben suchte. Die betagte Dame, sie stammte aus Schwechat, erzählte, sie sei 1945 bei Verwandten im ersten Bezirk gewesen. Bei Luftalarm begab sie sich, wie auch hunderte andere Personen in die tiefen Keller der Stadt und  gelangte auch in die bombensichern Keller des  Hotel Wandl. Im April 1945, als die Russen in die Stadt eindrangen, verbrachte sie und weitere Flüchtlinge mehrere Nächte in diesem Kellerasyl. Die Dame lebt heute in der Schweiz, aber Herr Hassan kann sich gut an die Geschichten erinnern, die die Zeitzeugin erzählte. Durch solche Geschichten bekommt eine Expedition in historisch besetzte Keller eine zusätzliche Bedeutung.

 

Da gibt es noch einen speziellen Raum, wo der Boden doch deutlich höher ist als im übrigen Keller. In diesem gesonderten Kellerabteil sollen im Krieg die Aborte entleert worden sein, denn offensichtlich traute sich damals, als oben die „Schlacht um Wien“ tobte, niemand an die Oberfläche.

 

(Marcello La Speranza und Lukas Arnold)

 



Erhaltenes Inventar eines Luftschutzkellers (2020)

 

Wer eine Zeitreise machen möchte, um die Geschichte Wiens näher kennenzulernen, der braucht kein Computer-Spiel oder eine Dokumentation ansehen, sondern einfach selbst hinab in die Wiener Unterwelt zu steigen, und schon ist man mittendrin.

 

Diese Zeitreise beginnt im ersten Kellergeschoss eines Bürogebäudes mit den Worten des Hauswarts: „Hinter dieser Tür geht’s in das zweite Kellergeschoss und so kommt ihr in den alten Luftschutzkeller.“ Brigitte und ich öffneten die unscheinbare Holztür und standen vor einer Wendeltreppe, welche an beiden Seiten mit fluoreszierenden Leuchtstreifen versehen war. Wir wissen, während des Zweiten Weltkrieges wurden an den Wänden vorsorglich ein Streifen aufgetragen, welche im Dunkeln nachleuchten und somit auch bei einem Stromausfall den Keller notbeleuchten sollten.

 

Unten angekommen, stehen wir auch schon mittendrin im ehemaligen Luftschutzkeller. Besonders beeindruckend sind die alten Holzbänke, welche noch angeschraubt an den Wänden stehen. Wir befinden uns in einem schmalen Gang, wo sich jede Menge kleine Abteile befinden und rechts die Bänke stehen. Die Wände sind auch hier mit Leuchtstreifen versehen. Wir gehen entlang des schmalen Ganges im Schein der Taschenlampe und entdecken nach einigen Metern die Aufschrift „Nur für das Küchenpersonal“ durchgestrichen an der Wand stehen; vis a vis, eine Holztür, an der das Wort „Küchenpersonal“ zu lesen ist. Durch die klaren Anordnungen hatte jeder seinen klar definierten Platz während der Luftangriffe. Wir gehen weiter den Gang entlang und kommen zu einer Tür, daneben ist an der Wand ein  Rotes Kreuz gepinselt. Hier durfte wohl der Sanitätsraum gewesen sein. Der Gang neigt sich nach rechts und wir stehen vor einer großen Holztür. Die aus Karton gefertigte Hinweistafel „Mauerdurchbruch“ weisst uns daraufhin, dass sich im Raum der Durchbruch ins Nachbarhaus befindet musste. Der Raum ist auch hier mit zugeschnittenen Holzbänken ausgestattet. Im Raum ist ein Quadrat zu erkennen, welches mit Ziegeln zugemauert ist. Ein typischer Mauerdurchbruch, der im Notfall leicht zu durchstossen wäre. Bei unserer Expedition durch den Keller erblicken wir in einer Nische den Notaussteig des Kellers. Viele Klampfen führten seinerzeit hier, nach oben, ins Freie.

 

Über den Besuch des gut ausgerüsteten LS-Keller freuten wir uns sehr und bedankten uns bei der Hausverwaltung, die uns diese Zeitreise ermöglichte. (Lukas Arnold)

 

Das Geheimnis des mustergültigen Luftschutzkellers - für welchen Betrieb die gut erhaltenen Luftschutzräume einst vorgesehen waren - kann gelüftet werden.

In Band 2 der Buchreihe von Marcello La Speranza wird erwähnt, um welchen historisch interessanten Keller es sich hier konkret handelt. Siehe: „Erforscht. NS- und Kriegsspuren in Wien“. (Edition Mokka 2016).



Spätmittelalterliche Uferbefestigung

im 1. Bezirk (2019)

 

Während der Umbauarbeiten des Hauses in der Werdertorgasse 6 (Errichtung moderner Luxuswohnungen und einer Tiefgarage) wurden im Untergrund Reste der mittelalterlichen Uferbefestigung freigelegt. Das Team der Wiener Stadtarchäologie konnte diesen seltenen Fund während einer Notgrabung verifizieren. Die permanente Heimsuchung von Hochwasser des unberechenbaren Donaualtarmes machte es notwendig einen sicheren und beständigen Dammschutz anzulegen. Der aus mächtigen Baumstämmen und verlegten Böschungssteinen verlegte Schutz sollte den Überflutungen Paroli bieten. Nach der Verwüstung der Vorstadt während der 1. Türkenbelagerung (1529) wurde das Terrain aufgegeben und planiert, um Platz für eine der zwölf angelegten Basteien der neuen Stadtmauer zu schaffen. Auf diesem Platz sollte die Neutorbastei errichtet werden (Ende 16. Jh.). Die bedrohlichen und ungezügelten Altarme des  Donaustromes hatten sich inzwischen mehr in den Norden verlagert, sodass dieses Gelände trocken blieb. Die ständige städtebauliche Erweiterung Wiens hat im Untergrund überall ihre zeitbezogenen Spuren hinterlassen. Die Entdeckung der gut erhaltenen Baumstämme ist wieder ein Zeugnis der reichlichen Geschichte der rund 2000 Jahre alten Stadt. (Marcello La Speranza)

 




Tour durch Wien gemeinsam mit 1000things

Im September haben wir uns gemeinsam mit einem motivierten Team von "1000things to do in Vienna" auf den Weg gemacht, um ihnen ausgewählte geheimnisvolle Orte der Wiener Unterwelt zu zeigen.


Unsere Tour begann inmitten des 1. Wiener Gemeindebezirkes in einem drei geschossigen Keller. Über das erste Kellergeschoss (Hauskeller) gelangten wir in das zweite und dritte Geschoss, indem die Zeit still zu stehen schien. Wir gelangten in Kellerräume, deren Ursprung auf das 17. Jahrhundert zurückzuführen ist, was uns ein eingemauerter Schlußstein zu erkennen gab. Die Räume wurden während des Zweiten Weltkriegs luftschutzmäßig adaptiert und umgebaut. Zeugnisse waren u. a. die Wände, welche mit weißer, fluoreszierender, Farbe bemalt waren und auch alte Luftschutztüren. Die Abteilungstüren waren hier unten aus Betonsegmenten gefertigt, waren aber im Lauf der Zeit in Einzelteile zerbrochen. Die eisernen Rahmen der speziellen Luftschutztüren waren zerschlissen und auch nur in Fragmenten verblieben, aber die typischen Hebeln und die Gucklöcher waren zu erkennen. Der von uns erforschte Keller besitzt einen drittes Kellergeschoss, das durch steinerne Treppen erreichbar ist. Weiters entdecken wir ein verrostetes Bettgestell. Interessant waren auch die Papierfetzen, auf denen noch Hinweise auf die Belgung der Schutzkeller zu lesen waren. Wir konnten auch eine kleine aufgebrochenen Druchschlupf passieren, um in weiteren vergessenen Bereiche zu gelangen. Hier in den Tiefen der Stadt verlaufen auch verlegte Leitungen der Fernwärme. Nach zwei Stunden ging es für uns wieder ans Tageslicht und ins Getümmel der Innenstadt.


Ein weiterer Programmpunkt war ein verbliebener Tiefbunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Am neuen Eingang des Bunker, ein kleiner Durchschlupf ins ehemalige Treppenhaus, wurden wir schon von dem zuständigen Mitarbeiter begrüßt, welcher uns diese bauliche Hinterlassenschaft aus der Kriegszeit aufsperrte. Auch in diesem Bunkerwerk erlebten wir und unsere Teilnehmergruppe eine Zeitreise in die Zeit unserer Eltern und Großeltern. In diesem Tiefbunker ist nahezu alles aus der Ursprungszeit der Anlage erhalten geblieben: kompakte Stahltüren, Maschinenräume, Belüftungsrohre, etc. Die faszinierenden Leuchtsreifen und die typischen Ornungsaufschriften sind beredende Zeugnisse der Vergangenheit. Der Bunker ist leider doch im Lauf der Jahrzehte feucht und muffig geworden. Stalaktiten und Stalagmiten sind in den Bunker eingezogen, sowie Schimmel.


Nach einem ereignisreichen Tag im Untergrund zeigten wir dem Team von "1000things to do in Vienna" noch unsere neueste Ausstellung "Lostplaces-Von Penzing nach Berlin" in der VHS Penzing.

Text: Lukas Arnold und Marcello La Speranza




Im Werksbunker

Damit auch die Belegschaft von kriegswichtigen Betrieben Schutz vor Bombenangriffen erhielt, wurde auf Fabriksarealen entsprechende Werksbunker bzw. Sammelschutzräume errichtet. Hierfür wurden bestehende Kellerräume adaptiert oder neue unterirdische Anlagen geschaffen, die den Sicherheitsanforderungen entsprachen: Schutz gegen Spreng- und Brandbomben, Kampfstoffe, Luftdruck, Splitter- und Trümmerschutz, …

 

Werkluftschutz

 

Dem sogenannte „Werkluftschutz“ (zählte zum „zivilen Luftschutz“) wurde eine besondere Rolle zugesprochen, wie aus zeithistorischen Merkblätter und Leitfäden zu erfahren ist. In einer Broschüre aus Juli 1940 (Wien) ist zu lesen: „Die Industrie muß nicht nur der Wehrmacht den Heeresbedarf liefern, sondern auch die Zivilbevölkerung weiter versorgen und endlich aus handelspolitischen und finanziellen Gründen möglichst viel von ihren Erzeugnissen in anderen Staaten ausführen. Versagt die Industrie, dann stünden der Wehrmacht nicht mehr die notwendigen Kampfmittel, Ausrüstungen, Bekleidung, Verkehrsmittel usw. zur Verfügung. Die Industrie muß daher in verstärktem Maße arbeiten. Auch unter feindlicher Einwirkung soll die Erzeugung nur für kürzeste Zeit unterbrochen werden. …“

All die Aufgaben wurden von Einsatzgruppen, die aus Gefolgschaftsmitgliedern der Belegschaft zusammengestellt werden, bewerkstelligt. Sollte ein Luftangriff bevorstehen, dann wurden die Belegschaft, aber ebenso, sofern möglich, unersetzliche Produktionsgüter in Sicherheit gebracht.

 

Die Anordnungen kamen freilich vom RLB (Reichsluftschutzbund) aus Berlin; für die „Gaustadt Wien“ wurden viele Richtlinien von der „Werkluftschutz-Bereichsvertrauensstelle Ostmark der Reichsgruppe Industrie“ entsprechend geregelt.

 

Wiener Werkluftschutz-Räume

 

Wir kennen bereits eine Reihe von verschiedenen bekannten Betrieben (etwa Ankerbrotwerke, Saurer Werke, Gaswerk Leopoldau, Simmering Graz Pauker Werke, Warchalowski-Werke, etc.), die während des Zweiten Weltkrieges auch entsprechend gegen Luftangriffe geschützt waren. Hier wollen wir einen unterirdischen Schutzraum beschreiben, der im Zuge der Abräumung des Geländes wahrscheinlich „verschwinden“ wird.

 

Luftschutztüren

 

Bauliche Merkmale die aus der Kriegszeit, bzw. nach der Eingliederung Österreichs ans Deutsche Reich (1938) stammen, sind die obligatorischen Stahltüren. Diese waren gegen Kampfstoffe und dynamische Beschädigungen gewappnet. Sie sind mit den typischen Etiketten mit den Einstanzungen „Vertrieb § 8 Luftschutzgesetz genehmigt“ dementsprechend erkenntlich. Auf ihnen sind die Hersteller verewigt (hier „Viktor Otte & Co.“). Die Buchstaben und Zahlenkombinationen verraten auch die RL (Reichsluftschutz) Fachgruppen:  3 (=Fachgruppe Bauwesen/Tarnung/Verdunkelung), gefolgt von der Jahreszahl der Freigabe bzw. der Herstellung.

 

(PS: Nach den Listen der Kenn-Nummern der Reichsanstalt für Luftschutz 1936-1944 ist nach der „RL3-37/41“, der „Type 1“ der Hersteller „Adolf Fichter, Nürnberg“. Offensichtlich hatte die Stahlbaufirma "Viktor Otte & Co." in Wien die Türen in Lizenz hergestellt.)

 

Die untersuchte Anlage besitzt auch erforderliche Notausstiege; hier Schächte mit Sprossen ins Freie. Ebenso sind Lüftungsrohre zu erkennen. Weitere bauliche Luftschutzeinrichtungen, wie etwa Schutzraumbelüfter, sind keine mehr vorhanden. Nach dem Krieg dürfte die Anlage als Depot, hier lange zur Lagerung verschiedener flüssiger Stoffe, u. a. Farbgemische, genutzt worden sein. Eine Reihe von festen Behältern befinden sich im alten Schutzraum. Die Aufschrift „Öllager“ dürfte aus der Nachkriegszeit stammen.

 

(Marcello La Speranza)

 



Im Tiefbunker

Im Zuge des in Berlin, reichsweit ausgegebenen „Führer-Sofortprogramm“ wurden 1940 in wichtigen Städten einheitliche Luftschutzbunker gefertigt. Wien zählte zum Luftschutzort der 1. Ordnung. Die anfänglich genormten Anlagen entstanden nach dem damaligen Konzept der Schutzraumtechnik.  Mit einer  stahlarmierten Deckenstärke von 1, 40 Metern sollten sie die Sprengkraft einer üblichen 225 kg Bombe aushalten. Die robusten Bunker waren ebenso gegen Kampfstoff-Attacken (Gas) gewappnet. Dementsprechend waren die Schutzraumlüfter mit Schwebstoff - und  Gasfiltern ausgestattet. Die im Bunker integrierten Gasschleusen gehörten zur Standarteinrichtung der mustergültigen umfassenden Schutzvorrichtung.

 

 

In einigen der rund 30 in Wien errichteten Luftschutzbunker dieser Kategorie, die in mehreren Bauwellen entstanden und modifiziert waren, ist noch Einiges der technischen Anlagen verblieben. Sofern diese Bunker nicht nach dem Krieg zugeschüttet, abgemauert oder abgerissen wurden, besuchen wir diese historisch wertvollen baulichen Schutzbauten.

 

 

Während unserer „Bunkertouren“  inspizierten wir auch den Zustand einer dieser verschlossenen Anlage, wo sich im Inneren erstaunlicherweise kaum etwas verändert hat. 

An der Decke des zentralen Umlaufganges hängen die Belüftungsrohre; die Handkurbeln zu den Schutzraumlüftern sind auch noch in den mit feuerfesten Heraklitplatten ausgekleideten Maschinenräume präsent; selbst die hölzernen Türen in den Aborten und zu den Waschräumen sind „in situ“ verblieben. Als wir nochmals diesen mustergültigen „Mutter und Kind“-Bunker aufsuchen durften, waren wir erfreut, dass diese Anlage noch nicht devastiert und verunstaltet wurde.

 

 Diese Anlage schlummert in einem Tiefschlaf und bleibt hoffentlich noch lange in diesem Zustand erhalten. Einige der ehemaligen LS-Kammern werden heute als Lagerräume genutzt. Es ist aber leider nicht selbstverständlich, dass sich die „Stadt Wien“ um die Erhaltung der baulichen Hinterlassenschaften der Periode 1938-45 kümmert. Viele  der obsolet geworden Luftschutzbunker, die heute noch existieren, verfallen zusehends. 

 

 

Wir bemühen uns die Relikte der Vergangenheit zu dokumentieren. Faszinierend sind in diesem Bunker, versteckt  in einer Parkanlage, die vielen Hinweis- und Ordnungs-aufschriften, die an den Wänden des engen Ganges zu lesen sind: „Mütter gebt auf eure Kinder acht“, „Alte und gebrechliche Personen“, „Nur für Mütter mit Säuglinge“, … . Die Bunker der ersten Bauwelle hatten 44 LS-Kammern und waren für 300 Schutzsuchende konzipiert. Während der Bombenangriffe waren letztendlich alle errichteten Schutzbunker in Wien hoffnungsvoll überfüllt, was aus Zeitzeugenberichten hervorgeht. (Marcello La Speranza)

 

 



Radikale Umbauten (2019)

Stets werden in den tiefen Kellern der Stadt radikale Umbauarbeiten durchgeführt. Hierbei werden auch vorhergehende Bausubstanzen durchbrochen und unbrauchbar gewordene Einbauten beseitigt.  Bei unseren

Einstiegen in die Unterwelten bemerken wir immer wieder interessante radikale Veränderungen.

 

In diesem Umbauhaus beobachteten wir, wie die Bauarbeiten heftig und nicht ziemperlich voranschritten. Alte Tresorräume wurden demoliert; Wände und Leitungen nicht immer fachgemäß herausgerissen.  Da tauchten in einer Tiefetage deklarierte  Mauerreste aus dem 15. Jahrhundert auf. Im Herzen Wiens kommt man immer wieder mit historischem Mauerwerk aus der reichen Stadtgeschichte in Berührung. Hoffentlich werden diese Teile der baulichen Hinterlassenschaften, die zumindest die Zeit bis heute überdauert haben, hier nicht  beim Umbau der Tiefgarage geopfert. (Marcello La Speranza)




Alte Post (1010 Wien)

Im Ersten Bezirk lassen sich noch viele Überreste einstiger Luftschutzkeller sowie das gigantische "Luftschutzraumnetz Innere Stadt" entdecken und erforschen. 

 

Erfahren Sie hier mehr über das "Luftschutzraumnetz Innere Stadt" sowie die Kellergewölbe der einstigen Postzentrale, welche sich zurzeit im kompletten Umbau befindet und schon bald in neuem Glanz erstrahlen wird.



 

Luftwaffen-Keller (2019)

Aufgrund der eindringenden Feuchtigkeit werden unzählige Keller – verständlicherweise - nicht als Lagerraum genutzt. Betritt man die tiefen verlassenen Keller alter Häuser, wird man sogleich vom kalten Mief schimmeliger Mauern empfangen. Selten werden diese „vergessenen“ Räumlichkeiten von den Hausparteien aufgesucht. Bei einer Begehung eines Kellergewölbes in der Leopoldstadt (Wien 2. Bezirk) entdeckten wir an der Ziegelmauer vergilbte Abbildungen von Flugzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg. Befestigt mit verrosteten Nägeln hingen diese Propagandabilder der deutschen Luftwaffe in der Dunkelheit. Irgendwann lösen sich diese papierenen Zeugnisse der Vergangenheit auf;  fallen herunter und werden vom sandigen Untergrund zersetzt. (Marcello La Speranza)

 



Altes Gaswerk Leopoldau (2016)

Vor wenigen Jahren präsentierte sich das Areal des ehemaligen Gaswerkes (1911 in Betrieb genommen und in den 1970er geschlossen) noch als "Lost Place". Als wir 2016 die Keller unter dem so genannten "Wohlfahrtsgebäude" betreten durften, waren wir vom Zustand der dortigen Luftschutzräume erstaunt.

Viele der alten kompakten Stahltüren mit den Zugangsaufschriften und den Hinweismarkierungen an so manchen Bunkerwänden haben die vergangenen Jahrzehnte im Untergrund überdauert. Auch in benachbarten Wirtschafts- und Kraftwerksgebäuden waren noch bauliche Einrichtungen aus dem Zweiten Weltkrieg verblieben. (Marcello La Speranza)

 

Eine ausführliche Beschreibung zur Geschichte des Gaswerkes Lepoldau finden Sie im Band 3 der Buchserie NS- und Kriegsspuren in Wien: Marcello La Speranza ,

"Dokumentiert" (Edition Mokka, Wien 2017)



"Narrenturm" (2013)

Im Keller des "Narrenturmes" sind noch ungeöffnete Kisten und Gefäße deponiert, deren Geheimnisse noch nicht alle gelüftet sind. In dem markanten kreisrunden Turm - 1784 unter der Regierungszeit Kaiser Josef II. errichtet -  wurden seinerzeit körperlich und geistig behinderte Menschen eingezogen, um sie nach heute fraglichen Methoden zu pflegen und zu heilen. Vielfach waren die Patienten in engen Kammern in den Stockwerken unfreiwillig gefangen.

(Marcello La Speranza)



Gruft Am Hof (2011)

Die Gruft unter der Kirche wurde im Jahre 1662 angelegt und wurde bis ins 18. Jahrhundert belegt. Danach wurde sie rund 150 Jahre verschlossen um in den 1930er Jahren geöffnet zu werden. Ein Einstieg ist heute nur mit Sondergenehmigung möglich. Der Gruftaltar und die darauf plazierten Totenschädel hinterlassen einen düsteren Eindruck. Die bunten Fresken, die Szenen aus dem Fegefeuer und der Höllenfahrt zeigen, sind ebenso bedrückend, doch unterstreichen sie treffend die Gruft-Atmosphäre. (Marcello La Speranza)



Geheimer Atombunker (2013)

Unter einem Regierungsgebäude im ersten Bezirk befindet sich ein ABC-Bunker für Katastrophenfälle. Als ich mit "Sondererlaubnis" die Räume dieser geheimen Schutzanlage - besuchen durfte, stand die moderne Technik - in Betrieb genommen etwa in den 1970er Jahren - im Vergleich mit älteren Luftschutzanlagen im Fokus. Interessant ist die große Wien-Karte in der Kommandozentrale. (Marcello La Speranza)



Tagebuch Bunker

Dieser kleine Hochbunker, 1944 auf dem Gelände der Firma „Havlicek“ (Altmannsdorferstraße 309) errichtet, war für die Firmenleitung dieses Versorgungsbetriebes vorgesehen. Auch wurden wichtige Unterlagen im Bunker gehortet. Die Firma stellte serienmäßig Holzbaracken für Kasernen her. Über einen Bahnanschluss lieferte das Unternehmen seine Produkte nicht nur an die Panzerkaserne bei St. Pölten, sondern erfüllte auch Aufträge des „Reichsarbeitsdienstes“.

Dem Betrieb, in dem etwa 900 Arbeiter, hauptsächlich kriegsgefangene Franzosen, arbeiteten, blieb ein direkter Bombenangriff erspart. Der Bunker ragt etwa drei Meter aus dem Terrain, abgedeckt durch eine Erdaufschüttung. Der Eingang ist eine verstärkte kompakte Holztür mit Blechverstärkung. Elf Stufen führen nach einem kleinen Splitterschutz- bzw. Druckgang in das Innere. Der eigentliche Schutzraum hatte ein Fassungsvermögen für etwa 15 Personen. Heute sind noch die niedrigen hölzerne Sitzbank, ein transportabler Ofen und Nischen für Büroakten vorhanden. Der individuell gebaute Bunker hatte 4 Notausstiege mit Holzbohlen.

Interessant sind die Aufzeichnungen der Fliegerangriffe 1944/45 an der Wand mit genauen zeitlichen Angaben. Vermerkt sind säuberlich (handschriftlich mit Bleistift) in mehreren Kolonnen nicht nur das Datum der Angriffe, sondern auch die Alarmzeiten, die Dauer der Alarmzeiten und besondere Ereignisse. Der erste Eintrag beginnt mit 24. 5. 44 mit dem 21. Flieger-Alarm von 10 bis ½ 12 Uhr; der letzte wird am 1. 3. 45 verzeichnet mit dem 103. Flieger-Alarm von 10.28 bis 15.36 Uhr, der 5 Stunden und 7 Minuten dauerte. (Anm.: Wien erlebte während des Zweiten Weltkrieges insgesamt 110 Alarme mit 52 US-Bombenangriffe).

Bei der Erstbesichtigung des Bunkers und des Firmengeländers im Jahre 1996 konnte auch das stattliche Ziegelgebäude besichtigt werden. Interessant war dort auch der angebaute hölzerne Brandwachstand; durch einen Schlitz konnte ein „Turmbeobachter“ das Geschehen am Firmengelände beobachten. Der Holzverschlag war auch mit Sand ausgekleidet. Zusätzlich konnte auch am hohen Schornstein ein Ausguck besetzt werden.

Der Firmeninhaber erzählte auch, dass im Jahre 1945 die Soldaten der Roten Armee, die die Firma besetzten, Schnaps verlangten, weil sie in der Firma Spiritus, welches jedoch als Möbelpolitur verwendet wurde, vorgefunden hatte. Die Firma wurde nach dem Krieg verpflichtet Holzbaracken für die Ostblock-Länder zu fabrizieren. Großvater Franz Havlicek kam 1909 nach Wien und baute schon während des 1. Weltkrieges auch Militär-Baracken für Montenegro. Im Dritten Reich florierte der Betrieb.

Text, Planskizze und historische Fotos: Marcello La Speranza,

Fotos: Lukas Arnold

 

Literaturhinweis: Marcello La Speranza: Burgen, Bunker, Bollwerke. Historische Wehranlagen zwischen Passau und Hainburg (Graz 2004



Ominöser Keller in Wien (2018)

Zunächst entdeckten wir unter einem Haus in Erdberg mehrere zusammenhängende Kellergewölbe, die ursprünglich als Sortiment-Lagerräume dienten.  An den dunklen Ziegelmauern standen die Namen für uns nicht bekannten altertümlichen Wein- oder Biersorten. Hier unten waren ebenso am Wandverputz auch Jahreszahlen aus dem 19. Jahrhundert und ein paar aufgemalte Wappen zu sehen, die wir vorerst nicht zu deuten vermagen. Interessant an den zeichnerischen Hinterlassenschaften aus der Vergangenheit war weiters, dass wir im Lichte der Taschenlampen auch das ehemalige Brauereizeichen der "Bierzunft" erblickten: Ein Sechseck, das in der Form mit dem „Judenstern“ ident ist. Die Geschichte dieses Kellers wollen wir noch weiter erforschen.

(Marcello La Speranza)

 



Josefstädterstraße (2013)

In vielen Kellern entdecken wir bauliche Hinterlassenschaften und Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg. Insbesondere gekennzeichnete Mauerdurchbrüche sind noch oft zu finden. Eine diesbezüglich interessante Markierung befindet sich unter einem Haus in der Josefstadt, wo auch noch die dazugehörenden Leuchtstreifen verblieben sind.

(Marcello La Speranza)



Leuchtende Zeugen des Zweiten Weltkrieges

Fast 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges finden sich im Untergrund von Wien noch zahlreiche "Stumme Zeugen". Es finden sich noch einige "Leuchtende Hinweise", die an die damalige Zeit erinnern. In mustergültigen Luftschutzräumen waren Hinweise und Markierungen für die schutzsuchende Bevölkerung an den Wänden angebracht, wie z. B.: "Ruhe bewahren", "Rauchen verboten", "Mauerdurchbruch" und noch viele mehr. Damit im Falle eines etwaigen Luftangriffes und eines daraus resultierenden Stromausfalles die Luftschutzsuchenden in den Kelleräumen keine Panik bekommen, waren viele dieser Markierungen mit Phosphorleucht-Farben gemalt, damit die Hinweise auch im Dunkeln zu sehen waren. (Lukas Arnold)

 

 

 



Gekennzeichnete Mauerdurchbrüche

Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Keller mittels Mauerdurchbrüchen verbunden. Sollte ein Haus durch Bombentreffer verschüttet oder der Notausgang blockiert sein, konnten sich die im Luftschutzkeller eingeschlossenen Hausbewohner durch einen Mauerdurchbruch in den Nachbarkeller retten. Die Durchlässe waren mit losen Ziegel verschlossen, die man im Notfall leicht durchstossen konnte.  In vielen Kellern sind diese baulichen Relikte aus der Kriegszeit noch oft zu finden. Die dazugehörenden Aufschriften bröckeln inzwischen ab. (Marcello La Speranza)



Leuchtende Email-Schilder

Zu den Relikten aus dem Zweiten Weltkrieg zählen auch die verbliebenen Email-Schilder, die im Dunklen nachleuchten und  seinerzeit den Schutzsuchenden in den Kellern bestimmte Hinweise mitteilten. (Marcello La Speranza)



Luftschutznetz "Innere Stadt" (Einführung)

Schon bald nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden Pläne entwickelt, wie auch in Wien das angeordnete und umfassende "Luftschutz-Programm" zu bewerkstelligen sei.  Die Gemeindeverwaltung des "Reichsgau Wien" hatte die Aufgabe überantwortet bekommen, speziell für den ersten Bezirk das so genannt "Luftschutz-Raum-Netz-Innere Stadt" auszuarbeiten.  Dabei sollten die vorhandenen tiefen Keller, die zum Teil auf das Mittelalter zurückreichen, ehemalige Lagerkeller und Gewölbe adaptiert werden, um diese bombensicher zu gestalten. Die Umsetzung des "Masterplanes" - eine geordnete und einheitliche Vernetzung (Aufschriften/Durchgänge, ...) - zu schaffen, war kein leichtes Unterfangen. Inspektionen verschiedener Behörden waren damit beschäftigt, die baulichen Voraussetzungen zu schaffen. 1944 war ein Großteil der Arbeiten umgesetzt worden. Viele Relikte aus dieser Zeit sind heute noch "in situ" vorhanden. Bei unseren Erkundungen finden wir noch viele Spuren dieses Bauprogrammes. Mit diesen speziellen Orte in der Unterwelt, werden wir uns noch sehr intensiv auseinandersetzen. Viele dieser Fundplätze werden wir in weiteren Beiträgen noch vorstellen.

(Marcello La Speranza)



Ausgrabungen: 

 

Sensationelle archäolog. Grabung in Erdberg (2015)

 

Im Zuge des Abbruches des ehemaligen Postgebäudes beim Rochusmarkt wurde auch das umliegende Areal von Archäologen untersucht, die hier neben der römischen Lagersiedlung von Vindobona auch Reste der Keltenzeit verorteten. Bei der Grabung wurden erstaunlicherweise auch Spuren aus der Urgeschichte-Frühneolitikum (ca. 5000 v. Chr.) und sogar ein unerwarteter „Erdstall“, möglicherweise aus dem Mittelalter, aufgedeckt.

 

Auf dem Grabungsgelände fanden sich ebenso Mauern eines Gartenpavillons aus dem 18. Jahrhundert, welches dem Mediziner Franz Anton Mesmer (1734-1815) zuzuordnen war. Der schillernde Naturforscher beschäftigte sich mit der umstrittenen Heilbehandlung des „Magnetismus“. Mit der Anwendung des „Mesmerismus“ sollte das „Gleichgewicht im Körper“ wiederhergestellt werden. (Marcello La Speranza)

 

Fundament der "Porta Decumana"                     freigelegt und zugeschüttet (2019)

 

Im Zuge des Gebrechens einer Gasleitung unter dem Gehsteig Ecke Kohlmarkt / Naglergasse / Graben wurde Anfang Mai 2019 an dieser Stelle aufgegraben, um das Leck zu reparieren. Dabei stießen die Bauarbeiter auf das Fundament des Torbogens der Porta Decuma des römischen Kastells Vindobona. Ein mächtiger Quaderstein und Fragmente des Unterbaues wurden rasch von Archäologen untersucht und vermessen. An dieser Stelle befand sich vor rund 2000 Jahren die südliche Toreinfahrt des römischen Legionslagers: Eine staatliche Festung - eine Militärbasis am Donaulimes - welche für 6.000 Soldaten konzipiert war. Nach ein paar Tagen wurde das Erdloch rasch wieder zugeschüttet. Bedauerlich, dass die Stadt Wien über dieses bedeutende bauliche Zeugnis unserer Stadtgeschichte keine bruchsichere Glasplatte mit Informationserklärung verlegt hat. Es wäre kein großer Aufwand gewesen.

 

 

Vindobona war ein wichtiger römischer Militärstützpunkt am Donaulimes. Mit dem Feldzug Tiberius gegen die Germanen begann die Okkupation des keltischen Königreiches und die Errichtung und Festigung des Imperiums. Die Römer sicherten mit ihren Kastellen gegen die nördlichen germanischen Stämme. In die Festung, gesichert durch eine hohe Steinmauer, Graben und Palisaden führten kompakte Toranlagen. Die Porta Decumana war die Haupteinfahrt von der via Decumana (heute Kohlmarkt), die von der südlichen vorgelagerten Lagersiedlung, der canabae, in das Legionslager führte. Bis ins 5. Jh. hielt sich die römische Präsenz und prägte die Entwicklung der Frühgeschichte Wiens. (Marcello La Speranza)



 

Pyramide in der Lindengasse (2016)

 

Steile Treppen führen in den mehrgeschossigen Keller eines historischen Mietshauses im 7. Wiener Bezirk (Neubau). Es ist ein großer Keller, der nicht wirklich Außergewöhnlich ist, wäre in einer Nische nicht die Spitze einer Pyramide zu sehen. Warum und zu welchem Zweck in der Tiefe des Hauses dieses architektonische Kuriosum errichtet worden war, bleibt wohl ein Geheimnis. Recherchen ergaben, dass der Architekt Oskar Marmorek (1863-1909) dieses Haus entworfen hat.

 

Der berühmte Architekt, der eine Reihe von bekannten Villen und Häusern schuf (mit historischen Stilelementen und mit modernen Formvorstellungen ausgestattet), galt zu Lebzeiten als schwierige Person. Der Zionist Marmorek, hatte Differenzen mit jüdischen Organisationen und kämpfte mit Unstimmigkeiten in der konkurrierenden Architekturszene. In einem Anfall geistiger Verwirrung verübte er Selbstmord am Zentralfriedhof. Ob die Kellerpyramide ein Werk Marmoreks oder eine Zufälligkeit im Kellerverbau ist bleibt unbeantwortet. (Marcello La Speranza)

 



"Puppen"-Keller in Währing (2018)

 

Natürlich reizt es, wenn man vereinsamte Koffer oder Truhen in einem Keller findet. Diese behutsam zu Öffnen kann zu manchen Überraschungen führen. Die abgelegten und halb verschimmelten Puppen in ihren zum Teil durch Motten angefressenen Kleider, haben wir wieder in ihren "Sarg" gelegt, auf dass sie noch weitere Jahrzehnte in Ruhe schlafen. (Marcello La Speranza)



"Streichzünder"-Keller in der Landstr. Hauptstraße (2018)

 

In der langen Landstraßer Hauptstraße in Erdberg befinden sich viele historische Gebäude, die naturgemäß auch alte Keller besitzen, wo freilch auch so manche Überraschungen zu finden sind. So entdeckte ich in einem weitverzweigten Keller alte Türen, mit der ominösen Aufschrift "Streichzünder nicht wegwerfen.". Warum das so sei, bleibt ein Rätsel. Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg sind die fest abgemauerten Zugänge, die offensichtlich einst direkt unter der Landstraßer Hauptstraße verlaufen und diese kreuzte? Ein altes vergilbtes Blechschild "Mauerdurchbruch" zeugt von der Nutzung des Kellers als Refugium im Bombenkrieg. (Marcello La Speranza)



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