Spurensuche-Was von den ehemaligen Dampfbahnstationen erhalten geblieben ist

Spurensuche: Was von der einstigen Dampfstadtbahn-Stationen geblieben ist-Eine Reise von der Vergangenheit in die Gegenwart

Sie zählt zu der bekanntesten S (Schnellbahn) Bahn Strecke Wien, und verbindet den Westen von Wien mit Transdanubien, also jenseits der Donau mit den Norden. Die Rede ist von der „S45“, auch bekannt als „Vorortelinie“.

Haben Sie auch schon einmal von der „Siemensbahn“ in Berlin gehört? Falls ja, haben Sie eine Idee, welche Komponente diese beiden Bahnen verbinden könnte?

Die Siemensbahn in Berlin wurde in den 1920er Jahre für die Angestellten der Firma „Siemens“ im Berliner Bezirk „Charlottenburg“ erbaut. Bis in die 1980er Jahre funktionierte das 5 kilometerlange Streckennetz als Schnellster Weg für die Mitarbeiter von zuhause in die Arbeit. Mittlerweile liegt die Strecke, samt der Bahnhöfe im Dornröschenschlaf und verfällt zunehmend! (Mehr zur Siemensbahn findet ihr gleich hier!)

Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich noch intensiver, was diese Berliner Bahnstrecke mit der Wiener „S45“ gemeinsam haben könnte?!

Ich habe unlängst eine Dame kennengelernt, und habe ihr voller Begeisterung über die Bahn in Berlin erzählt und ihr auch Fotos gezeigt. Die Reaktion war für mich sehr unerwartet. Sie schaute mich mit großen Augen an und meinte: „Junger Mann, das sind ja großartige Bilder. Ich erinnere mich an die heutige „S45“, welche ja auch vor vielen Jahren ebenso Jahrzehnte lang verfallen war . Die Natur hat sich auch hier die Bahnhöfe ziemlich schnell zurückerobert sowie auf Ihren Berlin-Fotos.“ Im Nachsatz meinte Sie noch, „Ich habe damals meine erste Kamera gehabt, war auch fasziniert von dem Verfall, und habe einige Bilder gemacht, als ich mit meinen Freundinnen bei den stillgelegten Bahnhöfen auf Erkundungstour war. Ich suche sehr gerne die alten Bilder, und zeige Ihnen diese!“

Gesagt, getan!- Vor kurzem übergab mir die Zeitzeugin einige sehr beeindruckende Fotos von den verfallenen Stationen der heutigen „S45“.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlichst bei ihr bedanken, für die faszinierenden Fotos, und für die freundliche Genehmigung, diese historischen „Schätze“ zu veröffentlichen!

Ich habe mich mit diesen historischen Aufnahmen auf den Weg gemacht , und einige der Orte im Oktober 2021, genau an der gleichen Stelle wie in den 1970er Jahre, zur Gegenüberstellung fotografiert.

Wir wünschen euch viel Freude mit den gezeigten Fotos, und wünschen eine angenehme „Zeitreise“ in die 1970er Jahre!

Aber wann genau entstand eigentlich die Bahnstrecke der jetzigen „Grünen Linie“, und wie lange standen die Bahnhöfe leer?

Wir haben für euch einen kurzen Rückblick auf die bewegte Geschichte gemacht!

 

Die jetzige Trasse der „S45“ war Teil der Stadtbahn, welche 1898 eröffnet worden ist. In den ersten Plänen der Stadtplaner war die Vorortelinie noch nicht enthalten, jedoch wurden die Pläne bald wieder ausgerollt, da 1892 die heutigen Bezirke Simmering, Meidling, Hietzing, Penzing, Rudolfsheim Fünfhaus, Ottakring, Hernals, Währing und Döbling eingemeindet worden sind.

1898 wurde die Strecke zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt feierlich eröffnet. Kurioserweise war die Vorortelinie die erste fertiggestellte Linie der Stadtbahn, obwohl diese erst als letztes mit eingeplant worden ist.

Jahrelang war die Strecke für den Güterverkehr weitaus bedeutender als für den Personentransport, da beispielsweise das Wilhelminenspital durch einen direkten Gleisanschluss stets mit Kohle versorgt werden konnte. Aber auch wichtige Unternehmen wie die bekannte Kaffeerösterei Julius Meinl, die Maschinenfabrik „Warchalowski Werke“ oder auch der weltweit bekannte Schnittenhersteller „Manner“ ein direktes Anbindungsgleis hatten.

Haben Sie bei der Gelegenheit schon einmal von den „Bäderzügen“ gehört?

Bis zum 11.07.1932 war die Vorortelinie auch für die Bevölkerung zugänglich, danach wurde der Personenverkehr eingestellt und die Gleise wurden nunmehr für den Güterverkehr genutzt. Wobei dies nicht ganz stimmt, da sporadisch die sogenannten „Bäderzüge“ die Wiener und Wienerinnen zwischen Juni und September zum Praterspitz an der Donauuferbahn brachten, aber selbstverständlich auch zu den neu eröffneten Freibädern wie beispielsweise das Kongressbad oder auch das Hohe Warte Bad.

Den zweiten Weltkrieg haben die Stationen sowie das Gleisnetz fast unbeschadet überstanden. Nach ein paar Ausbesserungsarbeiten an den Stationen feierten Anfang der 1950er Jahre die „Bäderzüge“ wieder ihr Revival und brachten die Wiener an die Stadtgrenzen. Nur einige Jahre später wurden auch diese Züge eingestellt, und die Bahnhöfe fielen in den Dornröschenschlaf, da aufgrund finanzieller Einsparung kein Interesse bestand, die Linie für den Personenverkehr zu elektrifizieren.

Bis in die 1980er Jahre verfielen die Bahnhöfe enorm, ehe 1984 die Revitalisierung der Bahn beschlossen wurde.

Am 31.05.1987 war es letztendlich soweit, und die neue „S45“ wurde feierlich (wieder) eröffnet. Die historischen Stationen, welche von dem bedeutenden Architekten Otto Wagner geplant worden sind, wurden sachte restauriert, um die Pracht dieser Stationen bis hin zur Gegenwart zu erhalten. Dies ist sehr gut gelungen!

Einzig die Stationen „Breitensee“, welche einem Brand zu Opfer fiel und nur mehr die Ruinenreste übrig geblieben sind sowie die in den 1950er Jahre abgerissene Station „Ober Döbling“ wurden nach Vorbild Otto Wagner neu gebaut.

Die Station „Krottenbachstraße“, welche im einstigen Netz nicht vorhanden war, wurde neu gebaut.

Heute erinnern die prunkvollen Stationsgebäude noch an den Aufschwung der Industrialisierung und den Anfängen der -flächengreifenden Eisenbahnstrecken.

 

Text und Fotos: Lukas Arnold Photography Arnold