
In der Josefstadt, im achten Wiener Gemeindebezirk, befindet sich der Schönbornpark. Während des 2. Weltkriegs wurde im Park ein öffentlicher Luftschutz-Bunker errichtet. Auf das Dach der Anlage ist heute ein Spielplatz gesetzt, der über zwei Treppenanlagen zu erreichen ist. Es ist eine Ironie des Schicksals: Über dem bombenfesten Luftschutzbunker, wo einst hunderte Menschen Schutz und Zuflucht vor den herabfallenden Bomben suchten, vergnügen sich jetzt unbekümmert Kinder.

Viele der nach dem Krieg obsolet gewordenen Schutzbauwerke sind mittlerweile abgerissen, zugeschüttet oder fristen ein stilles Dasein. Ein schönes Beispiel einer sinnvollen Nachnutzung ist jener Bunker im Schönbornpark, errichtet 1940, welcher seit den 1980er Jahren dem Volkskundemuseum Wien als Depot dient. 1995, vor fast 30 Jahren, war Dr. Marcello La Speranza bereits das erste mal in der Anlage, um die dort noch verbliebene historische Ausstattung zu dokumentieren. Siehe: Buch „Bunker, Burgen, Bollwerke, Leopold Stocker Verlag, 2004.
Was hat sich seit damals verändert? Lukas Arnold machte sich im August 2021 nochmals auf den Weg in den Tiefbunker, um einen Vergleich zu ziehen. Die Leiterin der digitalen Sammlungen des Volkskundemuseum führt gerne durch die heute genutzten und renovierten Depoträume.

Wir betreten das Bauwerk und sind nach wenigen Stufen abwärts bereits in der ehemaligen Gasschleuse, durch Stahltüren gesichert, angekommen. Die Anlage wurde nach einem einheitlichen Bauplan errichtet, welcher aus zwei Eingängen bestand, zwei Gasschleusen, zwei Maschinenräumen, Aborten, Waschräumen sowie aus kleinen Kammern, die eigentlichen Schutzräume für Frauen und Kinder. Das Schutzbauwerk dieser Bunkerklasse war für 300 Personen zugelassen, wobei meistens die Kammern überfüllt gewesen waren. Ebenso standen auch auf den Gängen die Schutzsuchenden dicht gedrängt. Wie auch im Jahr 1995 existieren noch alle drei Stahltüren mit den charakteristischen Zargen sowie ein interessanten Aufkleber an einer der Tür mit folgenden Inhalt: „Bei Auftreten von Bränden in der Nähe des Bunkers oder Luftschutzraumes oder beim Zugang starker Rauchschwaden sind sofort die Haupt- und Schutzbelüftungsanlagen durch Abstellen der Motoren ausser Betrieb zu setzen und die Frischluftleitungen durch die Verschlussklappen abzusperren!“

Hinter einer Stahltür verbirgt sich einer der Maschinenräume. Wo 1995 noch die Schutzraum-Belüfter beinahe komplett verblieben waren, ist jetzt auch dieser Teil des Bunkers mit Exponaten des Museums bestückt. Marcello kann sich noch erinnern, dass seinerzeit noch an den Schutzraum-Belüftern das Zwischenrohr mit der obligatorischen Aufschrift „Bei Gasgefahr Filtersatz einbauen“ angeschraubt war. Sollte keine unmittelbare Kampfstoffgefahr vorhanden sein, waren diese Zwischenstücke anstatt der Gas- und Schwebstoff-Filter-Trommel am Belüfter angeschraubt.

Im gesamten Bunker, heute komplett trockengelegt, sind nun wertvolle Sammlungsobjekte des Volkskundemuseum gelagert. Einige Teile der alten Bunkersubstanz mussten im Zuge der Renovierung inzwischen entfernt werden. Dennoch sind einige verbliebene Relikte aus der Kriegszeit verblieben, so Überdruckventile der Firma „Drägerwerk, Lübeck“. Wir kommen zu den ehemaligen Aborten. 1995 existierten noch die hölzernen Kabinen, die Toilettenmuscheln sowie die Aufschrift „Rauchen verboten“. Ein verstopfter Kanal sorgte vor rund 20 Jahren für eine Überschwemmung, die auch die daneben befindlichen Waschräume betrafen. Und so wurden die Räume vollständig entkernt und saniert. Heute erinnern die Verankerungen der einzelnen Kabinen sowie der Kloschüsseln noch an die Aborte.

Die ehemaligen fluoreszierenden Streifen, welche an der kompletten Länge der beiden Hauptgänge angebracht waren, sind mittlerweile übermalt worden. Jedoch finden sich an der einen oder anderen Stelle noch vereinzelt Abschnitte, bei denen der originale Bunkeranstrich durchschimmert. Erfreulich, dass die alten Belüftungsrohre an der Decke noch vorhanden sind. Der Bunker hat sich zu einem wunderbaren Depotraum für wertvolle Kulturschätze gewandelt. Er hat eine wunderbare, zweckorientierte Nachnutzung erfahren.

Wir sind mittlerweile beim zweiten Ausgang bzw. Eingang angelangt und Frau Elisabeth Egger, die uns durch den Bunker führte, macht uns auf ein besonderes Detail aufmerksam. In den meisten Anlagen stand an einer speziellen Stelle – bevor man in den eigentlichen Bunker eintrat – die obligatorische Aufschrift „Gasschleuse“, so auch hier, jedoch wurde dieser ehemalige Hinweis vor einigen Jahrzehnten übermalt. Mittlerweile verblasst die weiße Farbe, und so kommt allmählich die alte Aufschrift wieder zum Vorschein, aber nur spärlich erkennbar.
Wir verlassen den Bunker, wo uns die warmen Sonnenstrahlen schon herzlichst in Empfang nehmen und bedanken uns ganz herzlich beim wunderbaren Volkskundemuseum Wien, welches uns diese interessante Erkundung ermöglichte.
Text: Marcello La Speranza und Lukas Arnold.
Fotos alt: Marcello La Speranza , Fotos neu: Lukas Arnold Photography
Kommentar schreiben